Spieletreff in Oberlar

Spiele-Rezensionen 250-259

Folge 250: “  Am Rande des Gletschers

von Anja und Patrick Menon

Krimsus Krimskrams Kiste

für 2-4 Spieler ab 10 Jahren

Spieldauer  ca. 60-120 Minuten

(von Detlef Hanz)

Sein Blick gleitet über die Tundra, ein eiskalter Wind geht über das Land, doch er spürt ihn nicht. Starr und bewegungslos steht er da, unsichtbar für die Herde von Riesenhirschen nur einige hundert Meter entfernt, unsichtbar denn der Wind steht gut. Vogelgezwitscher. Ein Lächeln gleitet über sein Gesicht. Sehr gut, der Ring schließt sich. Ein prüfender Blick zum Himmel, es wird noch lange genug hell bleiben und das Unwetter, das sich weit im Westen ankündigt, es wird die Jagd nicht stören. Erneut der Ruf eines Vogels. Alles ist bereit die Hirsche zum Steilhang zu jagen. Dort wartet der Rest des Clans. Es wird ein guter Tag werden, Nahrung für Wochen werden sie haben, Fell für Kleidung und Zelt, Knochen für Waffen und Werkzeug. Sie waren erfolgreich, sie werden den Winter überleben und – ihr Clan wird Clan der Clane werden. Er strafft sich, hebt den Kopf und stößt den Jagdruf der Wölfe aus. Die Hirsche werfen alarmiert die Köpfe hoch, zu spät. Von allen Seiten klingt Wolfsgeheul und Lärm, panisch stürmen die Hirsche los – in Richtung der Steilkante.
So oder so ähnlich mag es vor 10000 Jahren in Mitteleuropa zugegangen sein. Diese Epoche der Menschheit ist Thema des Spieles „Am Rande des Gletschers“. Wir als Führer verschiedener Clans sammeln Trophäen in Form von Chips. Diese erhalten wir für erfolgreiche Jagd oder das Sammeln von Heilkräutern etc. Für jede so gesammelte Trophäe gibt es Punkte in unterschiedlicher Höhe. Der Spieler, der auf diese Weise die wertvollsten (punkteträchtigsten) Artefakte, Heilkräuter und Beutestücke gesammelt hat, bekommt die erwähnten Trophäenchips. Sieger ist der Spieler, der entsprechend der Spielerzahl eine festgelegte Anzahl von Trophäenchips sammeln konnte.

Das Spiel: wird über mehrere Jahre gespielt. Jedes Jahr hat eine bestimmte Anzahl an Runden. Am Ende eines Jahres (Beginn des Winters) findet ein Clantreffen statt, an welchem von den Erlebnissen der Clans berichtet wird und Trophäenchips verteilt werden. Danach versorgt sich jeder Clan mit Wintervorräten und versucht über den Winter zu kommen.

Jeder Spieler erhält eine Höhlenkarte, die er vor sich ablegt. Diese Karte enthält vier Bereiche: 1) einen Wohnbereich, 2) eine Waffenhöhle, 3) eine Vorratshöhle für Beute und Kräuter und 4) die heilige Kammer des Schamanen für Artefakte. Außerdem erhält der Spieler Clankarten (je eine mit einem, zwei und drei Clanmitgliedern) und eine Schicksalskarte. Ein Jagdkartenstapel wird vor der ersten Runde gemischt und verdeckt bereitgelegt, die Winterkarte wird unter diesen Stapel gelegt. Dieser Jagdkartenstapel enthält Beute, Heilkräuter, Artefakte oder Ereignisse. Mittels Symbolen und Zahlen auf diesen Karten wird deren Futter-, Jagd-, Waffen- und Geschichtswert beschrieben und wie sie in der Jagd eingesetzt werden können.

Zu Beginn eines Spielzugs werden drei Jagdkarten vom Stapel offen aufgedeckt. Ereigniskarten werden als erste abgehandelt, d.h. Katastrophen wie Erdbeben oder Hochzeiten 😉 passieren als erstes. Danach dürfen Waffen und Artefakte aufgenommen werden. Erst danach darf der Spieler je eine Aktion für jede Clankarte auf seiner Hand ausführen. Benutzte Clankarten werden in die Höhle zurückgelegt.

Es gibt vier verschiedene Aktionsmöglichkeiten, die man als Clanmitglied ausführen kann:
1) Beute jagen Um Beute zu jagen benötigt man eine bestimmte Anzahl an Clanmitgliedern und Waffen (Jagdwert der Beutekarte). Diese Clanmitglieder müssen in den Wohnbereich der Höhle zurückgelegt werden, Waffen, Artefakte, Beuteopfer und weitere Clanmitglieder können zur Verfügung und zusammengestellt werden, um die Stärke der Jagdgruppe zu erhöhen. Dann wird gewürfelt. Abhängig vom Würfelergebnis und der Clanstärke wird die Beute erlegt und in der Vorratshöhle gelagert. Misslingt die Jagd, muss eine Clankarte in den Wohnbereich der Höhle und darf nächste Runde keine Aktion ausführen. Die eingesetzten kommen auf den Ablagestapel.
2) Heilkräuter sammeln Auch hier ist wieder die auf der Heilkräuterkarte geforderte Anzahl von Clanmitgliedern (Clanwert der Karte) im Wohnbereich der Höhle abzulegen. Diese befinden sich dann sozusagen auf Heilkräutersuche.
3) Waffen aus Vorräten herstellen Immer wieder gehen Waffen verloren. Um neue Waffen herzustellen benötigt man bestimmte Vorräte aus der Vorratshöhle und eine Clankarte, mit der man aus einer Beutekarte eine Waffenkarte machen kann. Die Beutekarte kommt in den Waffenbereich der Höhle und steht nicht mehr als Vorrat zur Verfügung.
4) Schicksalskarten ziehen Diese Aktion ist nur möglich, wenn das Handlimit von acht Karten noch nicht erreicht wurde. Eine Schicksalskarte (auch eben gezogene) kann am Ende der Runde ausgespielt werden.

Danach beginnt die Runde des nächsten Spielers.

Sobald die Winterkarte aufgedeckt wird ist ein Jahr zu Ende und das Treffen der Clans findet statt.
1) Zu Beginn des Treffens geben die Spieler bis auf eine alle Schicksalskarten zurück. Der Jagdkartenstapel wird neu gemischt und die Winterkarte wieder untergeschoben.
2) Nun wird der Geschichtswert je Höhle (Waffen, Vorräte und Artefakte) ermittelt. Jeder Wert wird durch einen Würfelwurf erhöht, der Spieler mit der höchsten Summe in einer Rubrik bekommt einen Trophäenchip. Auf diese Weise werden jeden Winter drei Trophäenchips verteilt.
3) Für die Ernährung werden die Werte der Beute- und Heilkräuterkarten in der Vorratshöhle und die Anzahl der Clanmitglieder ermittelt. Kann der Spieler alle Clanmitglieder ernähren, bekommt er Nachwuchs, indem er eine verdeckte Clankarte zieht. Kann mehr als die Hälfte der Clanmitglieder versorgt werden, bleibt der Clan unverändert, ansonsten muss eine Clankarte abgegeben werden.
4) In dem Fall, dass ein Clan ausgelöscht wird, müssen alle Karten und Chips des betroffenen Spielers auf die jeweiligen Ablagestapel abgelegt werden. Der Spieler zieht danach eine Clankarte und eine Schicksalskarte und gründet so einen neuen Clan.
5) Die Karten, die zur Ernährung eingesetzt wurden, werden gemischt unter den Ablagestapel gelegt, so dass die Winterkarte nun mitten drin liegt und der Winterbeginn nicht mehr voraussehbar ist.

Spielende: Sobald ein Spieler die erforderliche Anzahl von Trophäenchips (zu viert drei, zu dritt vier und zu zweit sechs Trophäenchips) gesammelt hat, endet das Spiel.

Bewertung: Die Gestaltung der Karten ist ansprechend. Die Schachtel bietet den Karten zwar reichlich Platz, ist aber doch sehr dünn und dürfte rasch ihren Geist aufgeben. Außerdem rutschen die Karten doch sehr stark durcheinander. Ein etwas stabilerer Kasten in einem dem Kartenformat angepassten Format wäre besser. Der für das Spiel benötigte Würfel liegt nicht bei, was aber kein Problem sein dürfte. Die Spieldauer ist sehr unterschiedlich, ein Spiel kann durchaus zwei Stunden dauern. „Am Rande des Gletschers“ bietet wenig taktische Möglichkeiten. Eine Einflussnahme auf das Spiel ist kaum möglich. Ein Spieler, der einmal stark geschwächt wurde, ist in der Regel im weiteren Spielverlauf zum Zusehen verdammt. Regel und Spieldauer sind für ein Spiel mit einer so geringen Spielkomplexität zu lang. Schade.

Folge 251:   Colosseum

 von

Wolfgang Kramer und Markus Lübke

Days of Wonder

für 3-5  Spieler ab 10 Jahren,

ca 75 Minuten

(von Detlef Hanz)

Trompeten! Ein wahnsinniger Lärm, der selbst hier unten in den Katakomben zu hören ist. Die Begeisterung dort oben auf den Rängen wird hier unten nicht geteilt. Stumm schauen wir uns an. Einige von uns sind Freunde geworden – gefährlich in unserem Beruf. Unser Beruf – der blutigste überhaupt im Imperium und fleischgewordenes Zeichen der römischen Dekadenz. Unser Beruf ist – das Töten zur Belustigung der Römer und ihres Kaisers, der auch einmal meiner war bis ich in Ungnade fiel. Taxierende Blicke – wer wird mein Gegner sein? Werde ich diesen Schaukampf überleben und wird es diesmal reichen, um als gefeierter Gladiator in Reichtum freigelassen zu werden, mit allen Rechten eines Römers? All das interessiert die Senatoren da oben nicht, die nur eines im Sinn haben: sich mit unserem Blut die Taschen zu füllen und Cäsar zu gefallen. Zu seinen Ehren wurde dieses Amphiteater Flavium erbaut, 99 Tage werden hier Menschen und Tiere sterben und am Ende wird man nur noch vom Colosseum sprechen. Ave Cäsar, morituri te salutant.

Das Spiel: Bereits das Auspacken von Colosseum wird zum Genuss. Das Spielmaterial ist atmosphärisch gestaltet und von sehr guter Qualität. Die „Adeligen“ (Senatoren, Consuln und Kaiser) sind auffallend mit Tunika bzw. Lorbeerkranz gestaltete Holzfiguren. Die grafische Gestaltung der Arenen, welche die Spielfläche bilden, mit den Arenenerweiterungen, die Spielkarten, Spielplättchen und Münzen ist einfach gelungen. Auf dem Spielplan hat jeder Spieler seine eigene Arena. Diese Arenen sind durch eine gepflasterte Straße verbunden, auf der sich die Spielfiguren von Arena zu Arena bewegen werden. Die bedeutenden Arenen stehen in Verona, Paestum, Pompeji, Capua und natürlich in Rom. Wir Spieler haben die Rolle des Impresario einer Arena und versuchen mit großen Veranstaltungen die meisten Zuschauer für unsere Darbietungen zu begeistern, um damit die anderen Arenen auszustechen. Für jedes Spektakel winken Reichtum und Ruhm, welche immer wieder in neue noch ehrgeizigere Projekte investiert werden wollen. Wer in fünf Spielrunden die meisten Zuschauer zu einer Veranstaltung locken konnte, erhält den Titel „Großer Impresario“ und gewinnt das Spiel.

Spielverlauf: Das Spiel läuft über fünf Spielrunden, dabei steht jede Runde für eine (eventuell) zu inszenierende Veranstaltung. Jede dieser Runden besteht aus fünf Phasen, die aber nicht alle durchlaufen werden müssen.
Phase 1 Hier wird investiert, das heißt, der Spieler kann entweder ein neues Programm kaufen oder eine strategische Entscheidung treffen, z.B. die Arena erweitern, eine Luxusloge einrichten oder eine Kaiserloge bauen. Die Preise für diese Investitionen differieren stark und nicht immer ist die teuerste Investition auch die sinnvollste. Man sollte daher sorgfältig wählen, denn diese Investitionen bedeuten den Grundstein für den späteren Veranstaltungserfolg. Das richtige Programm erfolgreich aufzuführen ist nur ein Baustein für den Sieg (messbar an der Zahl der Zuschauer). Nicht selten aber wird der Sieg letztendlich über die Wahl der richtigen Strategie entschieden, da diese im Fall einer erfolgreichen Aufführung zusätzliche Zuschauer einbringt.
Phase 2 Nun können Spektakelkärtchen ersteigert werden. Für die auf den Programmkarten beschriebenen Spektakel werden vorgegebene Requisiten und Teilnehmer benötigt. Diese können in verschiedenen Zusammenstellungen auf fünf Märkten ersteigert werden. Zur Auswahl stehen u.a. Gladiatoren, Wagen, Pferde, Künstler, Löwen oder auch Fackeln und andere Requisiten. Der Gewinner der Bietrunde bezahlt seinen gebotenen Betrag an die Bank und erhält die drei Spektakelplättchen dieses Marktes. In jeder Runde kann nur eine Auktion gewonnen werden, bei geschicktem Bieten oder passen kann man die benötigten Requisiten durchaus sehr günstig erhalten.
Phase 3 ist die Handelsphase. In dieser Phase kann man nicht benötigte Spektakelplättchen anbieten und damit loswerden und andererseits dringend benötigte erwerben.
Phase 4 ist die wichtigste Phase, da es hier zur Aufführung kommt – oder auch nicht. Die Aufführung setzt sich aus drei Teilen zusammen. Zunächst versuchen die Spieler die Adeligen in ihre Arena zu bewegen. Da jeder Adlige zusätzliche Zuschauer mitbringt, ist jeder bestrebt dieses Ziel zu erreichen. Entscheidend für den Zug eines Adligen in die eigene Arena sind Würfelglück und Zugstrategie. Im Anschluss wird die Veranstaltung aufgeführt. Diese Aufführung wird bestimmt von den Programmkarten, den Spektakelkärtchen und der Arenengröße, die der Spieler besitzt. Den Abschluss der Phase 4 bildet die Wertung: Jede Darbietung kann eine vorgegebene maximale Anzahl an Zuschauern anziehen. Diese auf der Programmkarte angegebene Zahl ist abhängig von den Spektakelkärtchen. Jedes benötigte, aber nicht vorhandene Kärtchen reduziert die Zahl.
Phase 5 Jetzt wird abgerechnet. Der Spieler mit dem höchsten Punktestand erhält ein Podium, das in dessen Arena platziert wird. Der Spieler mit dem höchsten Punktestand ist dabei nicht notwendig der, der in der laufenden Runde die meisten Zuschauer anlocken konnte, sondern der Spieler, der den Zuschauerrekord hält. Ein Podium bringt seinem Besitzer bei jeder zukünftigen Aufführung drei zusätzliche Zuschauer ein.

Spielende: Das Spiel endet, wenn jeder Spieler in der fünften Runde Gelegenheit hatte, eine Aufführung zu veranstalten. Es gewinnt der Spieler, dessen „Rekordstein“ der maximalen Zuschauer einer Veranstaltung auf der Werteleiste am weitesten vorne steht. Das bedeutet, das letztendlich nur eine, die größte, Veranstaltung entscheidet. Dieser werden aber durch die anderen Veranstaltungen die Vorraussetzungen geschaffen.

Bewertung: Wir waren begeistert von diesem Spiel und hatten es bereits als Titelaspirant für das Spiel des Jahres 2007 gesehen. Daraus ist leider nichts geworden, aber noch steht ja die Auswertung des zweiten Spielepreises, des Deutschen Spielepreis, aus. Aber unabhängig davon halten wir Colosseum für ein sehr empfehlenswertes, sehr schönes und außergewöhnliches Familienspiel mit einem einfachen und übersichtlichen Regelwerk. Die Mischung aus Glück, Taktik, Strategie und Verhandlungsgeschick ist ausgewogen.

 

Folge 252: “ Die Baumeister von Arkadien

von Rüdiger Dorn

Ravensburger

für 2-4 Spieler ab 10 Jahren

Spieldauer ca. 30-45 Minuten

(von Detlef Hanz)

Vor einigen Jahren kamen wir hier an, in ein wunderschönes Land, fern der alten Heimat mit ihren Intrigen, der Armut, den Kriegen. Es ist ein Land sanft geschwungener Hügel, fruchtbarer Täler, milder regenreicher Winter und gleichfalls milder sonnreicher Sommer. Nun, nachdem wir die harten Anfangsjahre hinter uns haben, unsere Bauern reiche und sichere Ernten einfahren, können wir daran denken eine Stadt zu errichten und ein Kastell zu deren Schutz. Ich wurde auserkoren im Namen meiner Familie an diesem großen Werk teilzunehmen, auf dass der Name unserer Familie auf immer Teil der Geschichte Arkadiens sei.

Spielziel: Wir – bis zu 4 Spieler – wetteifern als Baumeister beim Aufbau der Stadt Arkadia. Wir sind verantwortlich für die Errichtung der Stadtgebäude und können uns durch die Fertigstellung von möglichst vielen Gebäuden höheren Einfluss beim Bau des Kastells erwerben. Dieses entsteht im Laufe des Spiels in der Mitte der Stadt. Für jedes errichtete Gebäude erhalten wir Siegelwappen, deren Wert steigt, je höher unser Anteil und Einfluss am Bau des Kastells wird. Diese Siegelwappen lassen sich veräußern. Wählt man den Zeitpunkt des Verkaufs geschickt, gewinnt man als Spieler mit dem meisten Gold das Spiel.

Das Spiel: Der Spielplan umfasst 16 x 12 Bauplätze, in deren Mitte das Kastell entstehen wird. Dieses entsteht im Laufe des Spiels auf 3 Ebenen und zeigt damit gleichzeitig die Spielphase an. Um das Kastell herum werden Gebäude verschiedener Formen gebaut, die zwischen 2 und 4 Bauplätzen benötigen. Beim Bau platzieren wir Spieler unsere Arbeiter in der Nachbarschaft des errichteten Gebäudes. Sobald ein Gebäude fertig ist, werden an die beteiligten Arbeiter Siegel ausbezahlt. Diese Siegel können von uns zu einem beliebigen Zeitpunkt verkauft werden. Dabei gilt es aufzupassen, da sich die Goldkurse für die Siegel permanent verändern können.

Spielablauf: Jeder Spieler erhält zu Beginn des Spieles 3 Arbeiter, 4 Baukarten, 4 Baumeister-Fahnen und einen Sichtschutz zur verdeckten Ablage der Siegel. Die Steine zum Bau des Kastells werden am Spielfeldrand entsprechend der 3 Bauebenen bereit gestellt. Reihum entscheidet sich jeder Spieler, ob er in seinem Spielzug entweder ein neues Gebäude bauen möchte oder beliebig viele seiner Arbeiter auf dem Spielplan einsetzt. Gebäudekarten werden abhängig von den ausgespielten Handkarten dem allgemeinen Vorrat entnommen und auf dem Spielplan abgelegt, dabei müssen sie benachbart zu anderen Gebäuden, zum Kastell oder zu bereits auf dem Spielplan befindlichen Arbeitern liegen. Jedes neue Gebäude wird mit einem Siegel markiert, dessen Farbe durch die ausgespielte Baukarte vorgegeben ist. Wird beim Bau eines der auf dem Spielplan abgebildeten Zeltlager abgedeckt, erhält der Bauherr einen zusätzlichen neutralen Arbeiter. Anstelle des Baus eines Gebäudes kann man beliebig viele eigene und neutrale Arbeiter senkrecht oder waagerecht benachbart zu einem bereits bestehenden Gebäude platzieren. Wird dabei ein Gebäude vollständig umschlossen, kommt es zu einer Gebäudewertung und alle Spieler erhalten für jeden ihrer dort benachbart platzierten Arbeiter Siegel ausbezahlt. Als Bonus erhält der fertig stellende Spieler zusätzlich das Gebäudesiegel und setzt einen Stein seiner Wahl in die aktuell im Bau befindliche Ebene des Kastells. Jeder Kastellstein zeigt ein Siegel in einer der vier Siegelfarben. Dies ist für die „Wertung“ bzw. für den Wert der Siegel beim Verkauf von Bedeutung, denn dieser Wert wird bestimmt durch die Draufsicht auf die 10 Bauplätze des Kastells. Die Zahl der dann pro Siegelfarbe sichtbaren Kastellsiegel bestimmt den Wert der jeweiligen Siegel. Am Ende seines Spielzugs hat der aktive Spieler zusätzlich die Möglichkeit, eine seiner vier Baumeister-Fahnen abzugeben. Er erhält in diesem Fall 2 eigene Arbeiter aus dem allgemeinen Vorrat in den eigenen Vorrat und kann beliebig viele eigene Siegel zum jeweils aktuellen Preis verkaufen.

Spielende: Das Spielende wird eingeläutet, sobald der letzte Baustein auf der zweiten Bauebene des Kastells eingesetzt wurde. Nun ist jeder Spieler noch einmal an der Reihe und wertet die bisher noch nicht verkauften Siegel zum nun aktuellen Preis. Wer nun das meiste Gold hat ist Sieger.

Bewertung: Als erstes fällt bei Arkadia das umfangreiche Spielmaterial auf, Moment – als erstes? Stimmt nicht ganz, als wir das Spiel auspackten, war der erste Kommentar meiner Frau „Das sind doch die gleichen Spielsteine wie bei Torres!“. Stimmt, die Kastellbausteine sind tatsächlich „baugleich“, lediglich die Farbe ist etwas anders. Die erste Befürchtung, dass wir hier einen Neuaufguss von Torres vor uns haben, hat sich allerdings nicht bestätigt – im Gegenteil. Das Spielmaterial ist von guter Qualität und stimmt mit seiner Gestaltung auf das Spiel ein. Die Arbeiter sind auf dem Spielplan gut zu erkennen und aufgrund ihrer klaren Farbgebung auch gut zu unterscheiden. Die Spielregel ist umfangreich, gut gegliedert und verständlich und dennoch „kurz“ gehalten. Arkadien ist ein Spiel knapper Resourcen mit taktischen Elementen und ein wenig „Wettatmosphäre“, da sich der Preis für die Siegel ständig verändern kann. Man ist also immer gezwungen abzuwägen, ob man selber Arbeiter einsetzt, wo man sie einsetzt und wie viele, denn Arbeiter sind knapp und man hat nur vier Baumeisterfahnen, um sich zusätzliche Arbeiter zu beschaffen. Da man über die Arbeiter an Siegel kommt, ist hier Nachdenken und Risikobereitschaft gefragt. Die Taktik kommt beim Bau und bei der Platzierung der Gebäude zu ihrem Recht. Wie setze ich Arbeiter, um an möglichst viele lukrative Siegel zu kommen? Kann ich einen neutralen Arbeiter so setzen, dass eine für mich günstige und für meine Mitspieler ungünstige Wertung ausgelöst wird? Welche Gebäudeform setze ich – und wie platziere ich diese auf dem Spielplan so, dass meine Mitspieler die ihnen noch zur Verfügung stehenden Gebäudeformen nicht mehr oder nicht mehr optimal setzen können? Und zum Schluss – wie setze ich die Kastellsteine so, dass die von mir bevorzugten Siegel möglichst hohe Werte bekommen? Das Konzept, dass jeder Spieler für sich entscheiden kann wann es zu einer Wertung kommt, öffnet hier den Weg für viele taktische Spielereien. Kurz – ein gelungenes Spiel, das wir durchaus für einen Kandidaten für den Titel Spiel des Jahres 2007 bzw. Deutscher Spielepreis gehalten haben. Wir halten es für ein empfehlenswertes Familienspiel mit hohem Wiederspielfaktor.

 

Folge 253: “ Imperial

von Walter „Mac“ Gerdts

eggertspiele

für 2-6 Spieler ab 10 Jahren

Spieldauer ca. 60 Minuten

(von Detlef Hanz)

Herr Direktor? – Ja bitte? – Wir haben Kenntnis erhalten, dass gewisse politische Gruppen den zunehmenden Einfluss des Kartells auf die Politik der Regierung zu mindern versuchen werden. – So? Hmmm. Das wäre zu diesem Zeitpunkt … ungünstig. – Sehr wohl Herr Direktor, der Bau der Rüstungsfabriken ist zu 80% vollendet und damit sind erhebliche Investitionssummen auf Jahre gebunden. – Hmmmm. Gibt es Sympathisanten für diese unerfreulichen Absichten in der Regierung? – Nicht dass wir wüssten, dafür wurde gesorgt. Alle relevanten und einflussreichen Persönlichkeiten würden von unserem Rüstungsprogramm profitieren. – Was sagen die Dossiers über die Führer der von Ihnen erwähnten politischen Gruppen? – Nun, es gibt da gewisse wirtschaftliche Abhängigkeiten….

Das Spiel: Auf den ersten Blick fallen Ähnlichkeiten zu dem Spiel Antike auf, das ebenfalls von Walther Gerdts stammt. Wie bei Antike ist das Spielmaterial äußerst umfangreich und von sehr guter Qualität.

Spielziel: Wir Spieler sind Investoren, welche die Politik der sechs Großmächte der Zeit vor dem ersten Weltkrieg mit ihren Krediten zu kontrollieren versuchen. Die Großmächte werden dazu „animiert“, Fabriken, Flotten zu bauen und Armeen aufzustellen, alles mit dem Ziel zu expandieren, Kriege zu führen und Steuern einzunehmen, um den Investoren Zinsen zahlen zu können. Entsprechend der dabei errungenen ökonomischen (Fabriken) und militärischen (Anzahl der kontrollierten See- und Landregionen) Macht, erwirbt man Machtpunkte.

Spielende: Sobald ein Spieler 25 Machtpunkte erworben hat, endet das Spiel. Die Siegpunkte werden anhand der Zinsbeträge der Kredite ermittelt. Wer die meisten Siegpunkte hat, gewinnt das Spiel. Der Spielplan fällt durch das bereits aus Antike bekannte Rondell in Form einer Windrose auf, über das die Spieler ihre Spielzüge ausführen. Auf dem Spielplan ist das Europa des beginnenden 20ten Jahrhunderts abgebildet. Jede der sechs Großmächte besitzt 5 Heimatprovinzen mit je einer Stadt. In den Städten können entweder Fabriken oder Werften gebaut werden. Die nicht zu den Großmächten gehörenden Landregionen können nur von Armeen betreten werden, die 9 Seeregionen dürfen nur von Flotten betreten werden. Für jede Großmacht gibt es Ablagen (Staatskassen) am Rand des Spielfeldes, dazu kommt eine Steuerleiste, auf der die Steuereinnahmen der Staaten markiert werden und eine Zählleiste für die erreichten Machtpunkte.

Spielablauf: Zunächst werden die Spielsteine auf dem Spielplan abgelegt, von jeder Farbe wird je einer auf dem Rondell, der Steuerleiste und der Zählleiste abgelegt. Jeder Staat erhält je eine Fabrik und eine Werft. Die Kredite werden nach Staaten aufsteigend sortiert in sechs Stapeln neben dem Spielplan aufgebaut. Die Verteilung der Kredite ist auf der Rückseite der Flaggen der Großmächte abgebildet und werden aus dem Kreditstapel des Spielers in die jeweiligen Staatskassen eingezahlt, so dass zu Beginn des Spieles das Startgeld der Spieler vollständig in den Staatskassen der Staaten liegt. Jeder Spieler erhält für die von ihm zu Spielbeginn repräsentierte Großmacht eine Flagge dieses Landes. Das Spiel beginnt mit Österreich-Ungarn, danach ziehen die Staaten im Uhrzeigersinn weiter. Jeder Spieler versucht durch Kreditvergabe die Kontrolle über die Regierung eines Landes und damit über die Spielzüge dieses Landes zu übernehmen. In jedem der nun folgenden Spielzüge eines Landes wird auf dem Rondell ein neues Feld ausgewählt und die auf diesem Feld aufgeführte Aktion ausgeführt. Ein Spielzug besteht darin, einen der Spielsteine auf dem Rondell vorzurücken, stehen bleiben ist nicht gestattet, bis zu drei Felder vorrücken ist frei, jedes weitere Feld kostet 2 Millionen an die Bank und es dürfen nur bis zu sechs Felder vorgerückt werden.

Auf dem Rondell sind folgende Aktionen beginnend im „Norden“ im Uhrzeigersinn angegeben: Steuer – Fabrik – Produktion – Manöver – Investor – Import – Produktion – Manöver.
Aktion Fabrik: Ein Spieler darf maximal eine neue Fabrik bauen, auf braunen Stadtfeldern sind braune Waffenfabriken erlaubt, auf blauen Stadtfeldern sind nur blaue Werften erlaubt. Fabriken dürfen nur in eigenen Städten gebaut werden, in deren Heimatprovinzen sich keine fremden Streitkräfte befinden. In jeder Stadt darf sich nur eine Fabrik befinden. Pro Fabrik müssen 5 Millionen an die Bank gezahlt werden.
Aktion Produktion: Jede Fabrik darf je eine Einheit (Armee, Flotte) kostenfrei produzieren. Eine Produktion ist nur möglich, wenn sich keine feindliche Armee in der Heimatprovinz befindet. Neu produzierte Armeen werden in der Heimatprovinz der Fabrik aufgestellt.
Aktion Import: Diese ermöglicht den Zukauf von Militäreinheiten ohne Produktion. Die Kosten betragen pro Einheit 1 Million. Der Vorteil dieser Einheiten besteht darin, dass sie nach belieben in den Heimatprovinzen aufgestellt werden können. Einzige Einschränkung: braune Einheiten dürfen nur in Provinzen mit braunen Städten aufgestellt werden, blaue nur in Provinzen mit blauen Städten.
Aktion Manöver: Dieser Spielzug wird in drei Schritten ausgeführt.
Schritt 1 Flotten: jede Flotte eines Staates darf in eine benachbarte Seeregion ziehen. Befinden sich dort Flotten anderer Staaten, kommt es zum Kampf, sofern es eine Macht verlangt. Bei einem Kampf werden die Flotten im Verhältnis 1:1 abgezogen.
Schritt 2 Armeen: jede Armee eines Staates darf in eine benachbarte Landregion ziehen. Alternativ können sie mit Hilfe von eigenen Flotten über See gezogen werden. Vorraussetzung ist, dass die Armee in einer an eine Seeregion grenzenden Landregion steht oder per Eisenbahn dorthin transportiert werden kann. Jede Großmacht verfügt über ein Eisenbahnnetz, das die Heimatregionen verbindet. Stehen feindliche Armeen in einer Heimatregion ist das Eisenbahnnetz unterbrochen. Wird eine Region einer anderen Großmacht betreten entscheidet die Regierung der Armee ob dies in freundlicher oder feindlicher Absicht geschieht. Im Fall einer feindlichen Besetzung kann diese Provinz nicht mehr produzieren. Verfügt ein Staat nur noch über eine Fabrik, darf die zugehörige Provinz nicht besetzt werden. Feindliche Fabriken können mit drei Armeen/Flotten vernichtet werden, sofern sich dort keine Armeen des Gegners mehr befinden. Verfügt ein Staat nur noch über eine Fabrik, darf diese nicht mehr zerstört werden.
Schritt 3 Steuerchip: In neu besetzten See- bzw. Landregionen wird ein Steuerchip des besetzenden Staates abgelegt.
Aktion Investor: Auch dieser Zug wird in drei Schritten ausgeführt. Die Schritte 2 und 3 werden auch dann ausgeführt, wenn das Feld Investor auf dem Rondell nur überschritten wird, aber erst nachdem der Zug des betretenen Feldes vollständig ausgeführt wurde.
Schritt 1 Zinsen auszahlen: Jeder Spieler, der einem Staat einen Kredit gegeben hat, erhält Zinsen aus der Staatskasse ausgezahlt. Enthält die Staatskasse kein Geld mehr, muss der Spieler, der die Regierung führt, auf die Zinsen verzichten bzw. sogar Zahlungen an andere Spieler aus der eigenen Kasse übernehmen.
Schritt 2 Investor aktivieren: Der Spieler, der die Investorkarte besitzt, erhält von der Bank 2 Millionen ausgezahlt und darf danach in einem beliebigen Staat investieren. Es können nur aus den Krediten des Kreditstapels des Staates ausgewählt werden, dabei darf man wählen, ob man einen bestehenden Kredit aufstockt oder einen neuen dazu kauft.
Schritt 3 Flagge investieren: Jeder Spieler, der keine Regierung führt und nicht im Besitz der Investorkarte ist, darf ebenfalls einmal investieren. Am Ende des Investorzuges wird geprüft, ob es zu Regierungswechseln kommt, dazu werden die vergebenen Kredite geprüft. Die Regierung geht an den Spieler der dem betreffenden Staat den höchsten Kredit gegeben hat. Dann wird die Investorkarte weitergegeben.
Aktion Steuer: Auch dieser Zug wird wieder in drei Schritten durchgeführt.
Schritt 1 Steuer/Erfolgsprämie: Pro unbesetzter Fabrik erhält jeder Spieler 2 Millionen, pro Steuerchip 1 Million. Die Steuern werden auf der Steuerleiste markiert. Bei einer Steigerung gegenüber dem vorherigen Stand wird eine Erfolgsprämie ausgezahlt.
Schritt 2 Geld kassieren: Aus den Steuern ist der Sold für Armeen und Flotten zu zahlen.
Schritt 3 Machtpunkte addieren: Abhängig von den erworbenen Steuern werden Machtpunkte vergeben und auf der Zählleiste markiert.

Bewertung: Imperial ist ein abwechslungsreiches Strategiespiel ohne Würfel- oder Kartenglück. Durch seine Spieldauer von zwei bis drei Stunden und seine Komplexität ist es leider kein Familienspiel. Die Spielregel ist übersichtlich und verständlich aber auch sehr umfangreich. Die angegebenen Beispiele, Strategietips und die FAQs erleichtern den Einstieg, dennoch ist Imperial eher ein Spiel für erfahrene Spieler. Für erfahrene Spieler mit Ausdauer ist es sehr empfehlenswert.

 

Folge 254: Zug um Zug 1910

 von Alan R. Moon

Erweiterung zum Spiel des Jahres 2004

Days of Wonder

für 3-5 Spieler ab 10 Jahren,

Spieldauer ca. 60 Minuten

(von Detlef Hanz)

1910: längst ist der einstmals wilde Westen durch den Bau der Ost-Westverbindungen der Union Pacific und anderer Gesellschaften bis auf wenige abgelegene Regionen gezähmt. Billy the Kid, seine Bande und andere „Helden“ des wilden Westens sind längst Geschichte, Will Bill Hickock erstaunt die Welt mit seinem Cirkus, die Indianer vegetieren in den Reservaten und die Vereinigten Staaten erholen sich zunehmend von den Folgen des Bürgerkrieges und diverser Kolonialkriege, welche große Teile des einstmals spanisch-mexikanischen Amerikas zu einem Teil der Vereinigten Staaten werden ließen.

Das Spiel: 2004 überraschte Days of Wonder mit dem Spiel „Zug um Zug“ Spieler und Jury und wurde mit Recht Spiel des Jahres. Im Gegensatz zu anderen (guten) Eisenbahnspielen wie z.B. 18xx, hat sich Zug um Zug eine große Fangemeinde erobert, auch deshalb weil es sich im Gegensatz z.B. zu 18xx als familientaugliches Spiel erwies. Auch die Folgespiele Zug um Zug Europa und Zug um Zug Märklin mit einem überarbeiteten Spielmechanismus waren erfolgreich, auch wenn dabei keine wesentlich neuen Spielmechanismen eingeführt wurden. Leider waren diese Spiele mit dem ersten Spiel, dem Basisspiel nicht kombinierbar.

Die Erweiterung: Es war daher naheliegend, für das ursprüngliche Spielkonzept, d.h. die USA Version, eine Erweiterung zu entwickeln.

Das Spielmaterial umfasst 35 neue Zielkarten, eine neue Bonuskarte für die meisten erfüllten Zielkarten (Wert: 15 Punkte), Nachdrucke aller Karten des Originals, bestehend aus 30 Zielkarten, 110 Wagenkarten und einer Bonuskarte für die längste Strecke und vier weiteren Zielkarten aus der Erweiterung „Mystery Train“.

Durch das neue bzw. erneuerte Spielmaterial ergeben sich drei verschiedene Spielvarianten.
In Variante 1 spielt man ausschließlich mit den Karten der Erweiterung, welche mit dem Schriftzug 1910 markiert wurden.
In Variante 2 spielt man mit dem gesamten Kartenmaterial aus dem Grundspiel und der Erweiterung.
Variante 3 wird auch als Metropolenvariante oder Big Cities Variante bezeichnet und setzt sich ausschließlich aus den Zielkarten zusammen, die mit den Metropolen Chicago, Dallas, Houston, Los Angeles, Miami, New York und Seattle in Verbindung stehen. Diese Karten sind durch eine rote Markierung gekennzeichnet. Eindeutig positiv wirkt sich die Aufstockung des Kartenkontingents aus. Für alle drei Varianten gilt jedoch, dass das ursprüngliche Spielprinzip, wie in Folge 74 bereits vorgestellt, bestehen bleibt. Im Basisspiel war es, aufgrund der relativ geringen Zahl an Karten, bereits früh im Spiel absehbar, wer welche Karten auf der Hand haben könnte. Dies verlockte oft zum destruktiven Spiel, in dem man eher versuchte dem Gegner den Weg zu verbauen als selber eigene Strecken zu vollenden. Die nun höhere Zahl an Karten erschwert diese „Vorausschau“ und macht damit das Erreichen der eigenen Ziele interessanter als das Verhindern der Ziele der Gegner, damit verändert sich der Charakter des Spieles.

Bewertung: 1910 ist, was den Spielmechanismus angeht, eine „schlichte“ Erweiterung, die sich aber äußerst positiv, sofern das überhaupt noch möglich war, auf den Spielspaß auswirkt. Nebenbei erhält man noch einen kompletten Ersatzsatz an Karten für das Grundspiel und das in gewohnt guter Qualität. Für alle Zug um Zug Spieler eine empfehlenswerte Erweiterung.

 

Folge 255 “ Munchkin Cthulhu

von

Steve Jackson und John Kovalic

Pegasus

 für 3-6 Spieler ab 12 Jahren

Spieldauer beliebig

(von Detlef Hanz)

Lust auf ein richtig schräges Spiel? Ich meine ein wirklich schräges Spiel, das alles und jeden durch den Kakao zieht? Sind Sie auch noch Rollenspieler? Dann sollten Sie sich Munchkin ansehen. Kennen Sie nicht? Macht nichts – ich kannte es bis zur letzten Messe auch nicht und ließ mich damals verleiten ein Rezensionsexemplar anzunehmen – Munchkin Impossible. Nun der Munchkin-Wahnsinn  geht weiter und diesmal haben sich Steve Jackson und John Kovalic die Horrorstory um Cthulhu ausgesucht. Beim Cthulhu-Mythos handelt es sich um einen auf den amerikanischen Horrorautor H. P. Lovecraft zurückgehenden fiktiven Mythos, dessen wichtigster Bestandteil von, im fiktiven Buch Necronomicon beschriebenen, interdimensionalen Wesen mit übernatürlichen Kräften gebildet wird. Diese Wesen werden von Lovecraft als die „Alten“ oder die „Großen Alten“ bezeichnet. Sie stammen aus weit entfernten Teilen der Galaxie oder sogar des Universums und unterliegen Naturgesetzen, die sich der menschlichen Vorstellungskraft entziehen. Nach menschlichen Maßstäben verfügen sie über eine gottgleiche Macht und scheinen unsterblich zu sein. Im neuesten Set kämpft man nun als Monsterjäger oder Ermittler gegen Nyarlythotep oder den unaussprechlichen Ds Dng Hn Vkl.

Das Spiel: Worum geht es bei Munchkin? Platt gesagt um’s klauen, Erfahrungsstufen von 1 bis 10 sammeln und irgendetwas platt machen – gemeinhin sind Monster die Opfer. Klingt wie ein schlechtes Rollenspiel – ist aber eine („sau“)starke Satire. Bei Cthulhu wird der bereits erwähnte fantastische Cthulhu Mythos auf die Munchkin Hörner genommen. Die Kartenbox enthält 168 Spielkarten und eine kurze Anleitung. Die Regeln entsprechen denen im Grundset, sodass „Munchkin Cthulhu“ natürlich auch mit allen anderen Sets kombinierbar ist. Es bleibt beim Spielprinzip von: Raum stürmen, Monster töten und Schätze plündern. Gewonnen hat immer noch, wer als erstes die 10. Stufe erklimmt. Natürlich gibt es neue Klassen passend zu den Geschichten um Cthulhu: den Ermittler, den Monsterjäger, den Professor und den Kultisten. Die Kultisten haben einige spezielle Eigenheiten, so kann man diese Klasse beispielsweise nicht freiwillig aufgeben. Wozu auch – erhält man doch im Gegenzug einige entscheidende Vorteile z.B. einen +2 Bonus im Kampf für jeden weiteren Kultisten im Spiel, oder man lässt sich zusätzliche Tentakel wachsen, um so sozusagen eine Hand frei zu haben für andere Dinge. Da dies aber für alle Spieler gilt, könnte man den Verdacht haben, dass irgendwann alle Kultisten werden und gleichartige Fähigkeiten haben – was den Tod des Spieles wegen Langeweile bedeuten würde. Dieser Gefahr wird dadurch begegnet, dass der Spieler, der als letzter noch nicht Kultist geworden ist, eine Erfahrungsstufe geschenkt bekommt. Nicht selten ist das dann der Spiel entscheidende Vorteil. Wie immer begegnet man hier allem, was irgendwie fliegen, kriechen oder sich auf andere Art fortbewegen kann. Vor allem begegnet man aber dem Unaussprechlichen – im wahrsten Sinne des Wortes – oder geht Ihnen Nyarlythotep bzw. Ds Dng Hn Vkl so flüssig über die Lippen wie z.B. Frau Müller-Lüdenscheid? Ja? Hm, sie haben nicht zufälligerweise schon länger mit Cthulhu zu tun – so etwa 300 Millionen Jahre vielleicht? Wenn man auch noch dem großen Cthulhu höchst selbst begegnet, sollte man sich sehr warm anziehen oder sehr schnell laufen können, denn mit einer Stufe von „nur“ 20 sogar kann man ihn eigentlich gar nicht besiegen. Wie immer kann man aber reichlich Schätze und vor allem nützliche Artefakte finden, die einem das Leben und Überleben erleichtern z.B. eine Zweihändertaschenlampe oder den Schleim abweisenden Poncho oder die Schuhe des Ich-Muss-Nur-Schneller-Als-Du-Laufen oder oder oder.

Bewertung: Munchkin Cthulhi ist eine witzige Umsetzung des Cthulhu Mythos (hat jemand bei Munchkin etwas anderes erwartet?). Wer also auf schräge Spiele im Allgemeinen und Munchkin im Besonderen steht und „Horroriges“ à la Cthulhu und Humor à la Munchkin mag, der ist mit diesem Spiel wirklich gut bedient. Wie auch bei Munchkin Impossible gilt: Selten habe ich so gelacht, schon bei der Lektüre der Spielregel und bei der Durchsicht der Spielkarten. Das Spiel lebt, permanent ist man in Interaktion mit seinen Mitspielern. Munchkin ist eine Parodie auf Rollenspiele und wird besonders den Rollenspielern gefallen, die ihr Hobby nicht bierernst nehmen. Munchkin ist aber nicht nur ein Spiel für Rollenspieler, sondern durchaus auch familientauglich, vorausgesetzt man spielt es mit Kindern ab 12 Jahren. Die Regeln sind einfach und die Karten sind selbsterklärend. Laut Regelheft sind alle Munchkin Varianten kombinierbar, so dass aus einer 6er Runde durch Kombination mit weiteren Munchkinsets auch durchaus 8er, 10er oder noch größere Runden werden könnten.

Folge 256 “ Wikinger – Die vergessenen Eroberer

von Ragnar Brothers

 Proludo

für 3-5 Spieler ab 10 Jahren

Spieldauer ca. 60 Minuten
(von Detlef Hanz)

„Eric?“ „Hrrrmmpfff! Ja?“ „Eric, bist du sicher, dass wir hier Land finden werden? Wäre es nicht besser gewesen London einen Besuch abzustatten, oder Paris?“ „Jetzt schon? Die müssen sich doch erst noch von unserem letzten Besuch erholen!“ Schallendes Gelächter dröhnt über das Langboot, das schlagartig endet. „Laaaaaannnnnd!!!!“ „Nun, Gunnar?“ Grinsend deutet Eric nach Westen auf die sich abzeichnende Küste. „Glück, nur Glück“ murmelt der……

Das Spiel: Nun, wir werden nicht Eric dem Roten nach Westen folgen, da wir keine vogelfreien Wikinger sind, sondern ehrbare Männer auf Raub- und Handelszügen quer durch Europa, in das Mittelmeer und in das schwarze Meer hinein. Statt dessen werden wir Spieler mit unseren Drachenschiffen Fahrten unternehmen. Jede dieser Fahrten beginnt in Skandinavien, dort werden Besatzung und Handelsgüter geladen und eventuell die Runen befragt. Während dieser Fahrten wird in Hafenstädten gehandelt, auf Beutezug gegangen und es werden Siedlungen gegründet. Immer versucht man dabei Aufgabenkarten (sog. Sagas) zu erfüllen. Ziel ist es dabei Siegpunkte zu erringen, diese kann man während des Spielablaufes erringen oder am Ende, diese sind dabei i.d.R. die entscheidenden. Von den Aufgabenkarten liegen immer drei Karten offen. Sobald eine erfüllt wurde, wird sie durch eine neue vom Stapel ersetzt. Die Aufgaben können z.B. verlangen, dass man bestimmte Häfen besiedelt, oder in bestimmten Häfen handelt. Ein Spieler, der eine Aufgabe erfüllt oder besser abgeschlossen hat, erhält die Aufgabenkarte, egal ob dabei Mitspieler mitgewirkt haben. Das kann z.B. bedeuten, dass ein Spieler, der zwei von drei Häfen besiedelt hat, dennoch leer ausgeht, weil ein anderer Spieler den entscheidenden dritten Hafen besiedelt und damit die Aufgabe zu einem Abschluss bringt.

Spielablauf: Der Spielplan zeigt Europa mit den zur Wikingerzeit bekannten Hafenstädten im Wert von 2-5. Diese Hafenstädte sind Teil einer Region (erkennbar an einem gemeinsamen Farbhintergrund dreier benachbarter Häfen) oder unabhängige, graue Häfen. Einige Häfen sind besonders lukrativ, auf ihnen stehen Stadtfiguren, die wiederum Schatzplättchen unter sich tragen. Diese Städte werden zu Beginn des Spieles geheim verteilt. Es gibt drei große (zu 8, 10 und 12 Siegpunkten) und diverse kleine (zu 3-6 Siegpunkten). Jeder Spieler erhält ein Drachenschiff, welches sich auf dem Spielplan bewegt. Die Drachenschiffe (dargestellt durch eine Drachenschiffkarte) legen die Spieler vor sich ab. Sie können mit einer Mischung aus Besatzungsmitgliedern (max. 15) oder Handelsgütern beladen werden. Besatzung benötigt man, wenn man Städte von der Bürde ihres Reichtums befreien will oder wenn man neues Land besiedeln will. Handelsgüter können für sofortige Siegpunkte in den zahlreichen Häfen Europas verkauft werden. Neben den Hafenstädten und Regionen gibt es noch die drei Heimathäfen der Wikinger (Schweden, Norwegen, Dänemark), von denen die Fahrten ausgehen und in denen die Runenkarten gezogen werden können. Das Winterlager ist eine Art Rückzugszone, in die man sich jederzeit unter Verlust oder bei Verlust von Ladung und/oder Besatzung zurückziehen kann. Gespielt wird in Runden, wobei eine Runde aus 7 Tagen besteht, in denen bis zu 7 Aktionen durchgeführt werden können. Dabei hat man die Wahl zwischen: 1. Runenkarten ziehen, 2. Besatzung (immer mind. 1 Wikinger) werben, 3. Handelsgüter an Bord holen, 4. eigenes Schiff in ein angrenzendes Meer, Fluss oder einen Hafen ziehen. Die Runenkarten sind ein entscheidendes Spielelement. Sie bringen immer ein Überraschungsmoment in das Spiel, u.a. auch deshalb, weil jeder Spieler beliebig viele Runenkarten in seinem Zug ausspielen darf. Sie schaffen Ausnahmen zu den normalen Regeln des Spieles. Interessant ist wie die unterschiedlichen Bedingungen der verschiedenen Meerregionen (Nordmeer, Atlantik etc) umgesetzt wurden. Jede der vier Meerregionen ist durch eine eigene Farbe gekennzeichnet und durch bestimmte Segelbedingungen (unterschiedliche Segelreichweiten) charakterisiert. Will man weiter segeln als zulässig, hat das den teilweisen Verlust von Besatzung oder Handelsgut zur Folge. Zusätzlich werden die Segelbedingungen noch durch die Windrose beeinflusst. Sie gibt die Anzahl an Schönwettertagen in einer Meeres- bzw. Navigationszone an. Jede Runde, in der ein Jarl (Wikingerführer) eine Rune ausspielt oder ablegt, kann er die Windrose um ein Viertel in oder gegen den Uhrzeigersinn drehen. Zieht man in eine Hafenstadt, hat man die Wahl zwischen verschiedenen „Hafenaktionen“. Deren Vorteil liegt u.a. darin, dass sie nicht auf die 7 Aktionstage angerechnet werden: 1. Raubzug: nur in Häfen, die eine Stadtfigur mit Schatz enthalten. Hier entscheidet der Würfel. Die Anzahl der Würfe (maximal drei, jeder Würfel muss einzeln geworfen werden) ist abhängig von der Anzahl der Besatzungsmitglieder. Jeder Fehlwurf führt zu dem Verlust eines Besatzungsmitgliedes und beeinflusst unmittelbar die Zahl der maximal (noch) erlaubten Würfe. 2. Besiedlung: Hier ist vor dem Würfelwurf anzugeben, mit wie vielen Würfeln in diesem Fall gleichzeitig gewürfelt wird. Bei Erfolg wird ein Besatzungsmitglied in die Stadt gesetzt. 3. Handel: Ein Handelsgutplättchen wird vom Schiff in den Hafen gelegt. Der Spieler erhält sofort Siegpunkte in Höhe des Hafenwertes. Bei den Regionenhäfen (drei benachbarte) muss in jedem Hafen je ein anderes Handelsgut abgelegt werden.

Spielende: Das Spiel endet, sobald die letzte Saga (Rauben, Handeln, Siedeln) erfüllt wird oder sobald drei Runden gespielt worden sind, nachdem die letzte Saga aufgedeckt wurde. In einer Abschlusswertung werden nun noch Bonuspunkte verteilt. Für die meisten erbeuteten Schätze erhält man drei Siegpunkte für jeden Schatzmarker. Bei einem Gleichstand erhalten alle beteiligten Spieler den Bonus. Für jede Siedlung gibt es Siegpunkte entsprechend des Wertes des Siedlungshafens. Zwei Siedlungen in einer Region verdoppeln die Punktzahl, drei Siedlungen in einer Region verdreifachen sie, diese Siedlungen müssen dabei nicht dem gleichen Spieler gehören. Der Spieler, der die meisten Aufgaben erfüllt hat, erhält 10 Siegpunkte pro Aufgabe, gibt es mehrere, erhält jeder die 10 Punkte pro Aufgabe, dafür entfällt die Wertung für den folgenden, andernfalls erhält dieser noch jeweils 5 Punkte pro Aufgabe. Diese Bonusregel hat in einigen Spielen dazu geführt, dass allzu siegessicheren Spielern das Lächeln im Gesicht gefror, da Spieler, die zuvor Pech beim Würfeln während der Raubzüge bzw. Besiedelung hatten, mächtig auf- bzw. auch überholten.

Bewertung: Wikinger ist ein atmosphärisch dichtes, bis zum Ende immer spannendes Strategiespiel für Vielspieler. Gelegenheitsspieler werden wahrscheinlich zunächst Probleme haben in den Spielmechanismus einzusteigen. Das Spiel zeichnet sich durch den sehr schönen Spielplan, sehr gutes Spielmaterial und die grafische Gestaltung der Runenkarten aus. Das Regelwerk kommt etwas umständlich daher, sodass auch Vielspieler die Regeln intensiver studieren mussten. Trotzdem wird Wikinger bei uns öfter gespielt werden. Ein schönes Spiel, das man mal ausprobieren sollte.

 

Folge 257 “ Weykick

von Reiner Knizia

 Weyel

für 3-6 Spieler ab 6 Jahren

Spieldauer ca. 60-90 Minuten

(von Detlef Hanz)

Erinnern Sie sich noch? Vor 30 Jahren war das das absolute Highlight einer Klassenfahrt oder einer Konfirmandenfreizeit – der Kicker im Keller. Ewig lange Duelle, blaue Finger und die grollende Stimme des Herbergsvaters oder Hausmeisters weil mal wieder ein Ball verschwunden war oder der Kickertisch eine Schramme abbekommen hatte. Auch heute werden unsere lieben Kleinen vom Kicker magisch angezogen und wie vor 30 Jahren taucht der Wunsch auf „Bitteeeee Papa können wir uns nicht einen Kicker…?“ Nein, können wir nicht! Leider – muss ich sagen, denn da ist zum einen der Preis und zum anderen – fast noch gewichtiger – der Platzbedarf. „Wag dich nicht…“ Mit funkelnden Augen steht sie da – die beste Ehefrau von allen – „der Keller ist jetzt schon voller als ein Kaufhauslager kurz vor dem Schlussverkauf, wo soll da noch ein Kicker Platz haben?“ Also gibt es keinen und damit auch keine spannenden Fußballduelle. Bis zur letzten Messe in Essen! Wenn Sie nun glauben, dass ich da gegen alle Vernunft und unter Inkaufnahme einer Standpauke einen Kicker gekauft habe, muss ich Sie enttäuschen – nein, ich habe etwas viel besseres gefunden – WEYKICK!

Das Spiel: Was ist Weykick? Nun das kommt darauf an, ob sie lieber Fußball oder Eishockey oder Tennis – ja Sie lesen richtig – spielen wollen. Alle drei Varianten basieren auf dem gleichen sechseckigen Spielbrett. Nun ja – Spielbrett ist vielleicht die falsche Bezeichnung. Stellen Sie sich eine sechseckige spiegelglatt geschliffene Holzplatte vor, die mit einem massiven etwa 5 cm hohen Rahmen eingefasst ist. In der Fußballvariante gibt es auf beiden Seiten je ein Tor und natürlich die notwendigen Spielfeldmarkierungen. Das ganze steht auf Füßen, so hoch, dass man bequem mit beiden Armen darunter herumwedeln kann. Und das braucht man auch, denn die massiven Spielfiguren aus Holz werden von unten geführt, indem man unterhalb der Platte starke Magnete führt. Für jede Spielfigur gibt es natürlich einen Magneten und so kann man auch einfach mal einen Magneten loslassen, um eine andere Figur führen zu können. Das Ding bleibt einfach unter der Figur kleben. Gespielt wird mit einer kleinen schwarzen Kugel, die Holzfiguren haben einen zylindrischen Körper so dass man den Ball richtig führen kann, Sturmläufe machen kann, sogar Passspiel und Dribbling ist möglich – und auch Distanzschüsse. Mein jüngster beherrscht diese exzellent. Gott sei Dank sind die Kugeln nicht allzu groß sonst hätte es beim letzten Spiel das Bild von der Wand geholt. Das Ergebnis ist ein wahnwitzig schnelles Fußballspiel, das wesentlich mehr spielerische Möglichkeiten bietet als der doch sehr starre Kicker. Bei diesem Spiel geht die Post ab und wie! Mir und meinen Jungs – und meiner Frau  macht dieses Spiel unheimlich Spaß – und es hat einen entscheidenden Vorteil – man kann es auf einen ganz normalen Küchentisch stellen und wenn man nicht mehr spielen will, kann man es Platz sparend auf einem Schrank oder daneben verstauen. In der Variante Eishockey tauscht man einfach die Spielfiguren gegen solche mit Eishockeyschlägern aus.

Wir finden das ist ein sehr empfehlenswertes Spiel nicht nur für Familien sondern auch für Freizeitreffs, Jugendherbergen, Jugendtreffs und und und. (Wer mehr wissen will, sollte sich unter http://www.weykick.de einmal umsehen.)

 

Folge 258  Yspahan

von Sebastien Pauchon

Ystari / Huch & Friends

für 3-4 Spieler ab 8 Jahren

Spieldauer ca. 60 Minuten

(von Detlef Hanz)

Gepriesen sei Allah, dass er Isfahan zur Hauptstadt unseres Reiches machte. Persien erstrahlt im Glanz des Reichtums dieser Stadt und wir als Nachbarn profitieren auch davon. Meine Karawanserei ist voll, unzählige Karawanen ziehen nach Isfahan und viele machen halt in unserem Dorf. Ah möge uns Allah noch lange wohl gesonnen sein.

Das Spiel: Wir Spieler schlüpfen in die Rolle von Kaufleuten, die mit Yspahan Handel treiben. Der Aufseher des Schahs kommt und wir Spieler wollen die Gunst der Stunde nutzen, indem wir unsere Waren auf verschiedene Läden verteilen, Karawanen aussenden und Gebäude errichten. Für diese Aktionen erhalten wir Punkte, und wer am Ende der Partie die meisten Punkte gewinnen konnte gewinnt das Spiel.

Das Spielmaterial: ist von guter Qualität. Holzwürfel in den Spielerfarben repräsentieren die Waren, gelbe Holzscheiben stellen Goldstücke dar und braune Holzkamele eben jene. Dazu kommen ein Stadtplan von Yspahan, ein Würfeltableau, ein Karawanentableau und 4 Tafeln in den Spielerfarben, alle aus stabilem Karton und mit klar strukturierter, lesbarer und dennoch stimmungsvoller Grafik. Die Gebäude auf den Tafeln sind von den Spielern während des Spieles zu errichten und bringen unterschiedliche Vorteile. Vervollständigt wird das Spielmaterial noch durch 9 weiße und drei gelbe Würfel, 18 Spielkarten, eine Startspielerfigur (schwarz) und eine Aufseherfigur (weiß).

Spielablauf: Der Stadtplan, der als Hauptspielbrett in die Mitte des Tisches kommt, wird durch eine senkrechte und eine waagerechte Straße in vier Stadtteile unterteilt. Auf diesen Straßen bewegt sich der Aufseher. Jedem Stadtviertel ist ein Symbol zugeordnet: Sack, Fass, Truhe und Amphore, wobei das Sackviertel das billigste und das Amphorenviertel das wertvollste ist (ein Schuft der Böses dabei denkt ). In jedem Viertel befinden sich einige Läden, die mittels Farbmarkierung zu Basaren zusammengeschlossen sind. Jeder Basar hat einen bestimmten Punktewert, der auch durch seine Farbe repräsentiert wird. So kommt es, dass im Sackviertel vier blaue Läden erforderlich sind, um einen Basar mit Wert 4 zu bilden, im Truhenviertel dafür jedoch zwei Läden ausreichen. Ein Spiel umfasst den Zeitraum von drei Wochen zu sieben Tagen. Jeder Wochenwechsel wird mit einer Wertung begrüßt. Ein Tag wiederum besteht aus diversen Aktionen: 1) der Startspieler würfelt mit den 9 weißen Würfen, optional kann er die gelben Würfel zusätzlich benutzen, muss dann aber für jeden gelben Würfel ein Goldstück zahlen. 2) Die Würfel werden dann auf das Würfeltableau gelegt, dieses ist in 6 Felder unterteilt (Kamelfeld, Sackfeld, Fassfeld, Truhenfeld, Amphorenfeld, Goldfeld). Die Würfel mit der niedrigsten Augenzahl werden auf das Kamelfeld, die mit der höchsten Augenzahl auf das Goldfeld gelegt. Die restlichen Würfel werden aufsteigend in der Reihenfolge der Felder verteilt, wobei Würfel mit gleichem Wert auf das gleiche Feld gelegt werden. Man sieht schnell, dass z.B. das Amphorenfeld nur dann Würfel erhält, wenn alle Ziffern zwischen 1 und 6 gewürfelt wurden. Wurden gelbe Würfel benutzt, werden diese zunächst wie die weißen auf das Würfeltableau gelegt. 3) Beginnend mit dem Startspieler wählt jeder Spieler ein Feld des Würfetableaus. Für jeden auf dem gewählten Feld platzierten Würfel (unabhängig von der Farbe) erhält man entsprechend viele Produkte, also für 3 Würfel auf dem Kamelfeld 3 Kamele. Auf dem Goldfeld gibt es für die Würfel genau das – Gold. Würfel auf den anderen Feldern erlauben es im passenden Stadtviertel für jeden Würfel einen Warenstein abzulegen. 4) Als zusätzliche Aktion ist es nun auch noch möglich eine Karte pro Würfelfeld zu ziehen oder den Aufseher zu bewegen. Die Karten sind so etwas wie Joker. Sie erlauben bestimmte Bonusaktionen wie z.B. den Tausch von Kamelen in Gold. Mit dem Aufseher wiederum kann man Waren zu einer Karawane befördern – mit entsprechenden positiven Auswirkungen für den Spieler, dessen Ware zur Karawane wandert. 5) Nun steht jedem Spieler noch die Möglichkeit offen, ein oder mehrere Gebäude zu errichten. Jedes errichtete Gebäude bringt Vorteile bei den Aktionen und Siegpunkte. Nachdem der Startspieler sein Feld ausgewählt und seine Aktionen ausgeführt hatte, werden die gelben Würfel wieder entfernt, bevor die anderen Spieler die Aktionen ihres gewählten Feldes ausführen. Die gelben Würfel stehen nur dem Startspieler zu. Wäre ja noch schöner – für einen Vorteil zu bezahlen, den dann andere haben – wir sind doch nicht in der Politik. 7) Nachdem der letzte Spieler seine Aktionen ausgeführt hatte endet der Tag und der nächste Spieler wird Startspieler und beginnt den nächsten Tag. Am Ende einer Woche werden alle vollständig gefüllten Basare und ev. existierende Karawanen gewertet.

Bewertung: Yspahan ist ein wirklich schönes und interessantes Spiel, bei dem Zufall und Strategie auf elegante Art und Weise verbunden werden. Positiv aufgenommen wurde von uns allen die beigelegten durchsichtigen Tüten mit Clipverschluss, die eine Chaos vermeidende Verpackung des umfangreichen Spielmaterials ermöglichen. Die Spielregeln sind ausführlich und verständlich beschrieben. Da sie mit vielen Bildern und Beispielen ergänzt wurden, umfasst sie daher stolze 8 Seiten. Eine Doppelseite stellt den Startaufbau dar und die wesentlichen Regeln und Elemente des Spiels, wodurch der Einstieg in das Spiel erleichtert wird. Man steigt sehr rasch in das Spiel ein, stellt aber auch schnell fest, dass trotz (oder wegen) der einfachen Regeln die Vielschichtigkeit des Spieles leicht unterschätzt wird. Man benötigt schon mehr als ein Spiel um alle Möglichkeiten ausloten zu können. Wer ein kommunikatives Spiel erwartet, ist hier allerdings am falschen Platz. Yspahan ist ein Aufbau- und Bauspiel für die nachdenklichen, alle Optionen abwägenden Spieler, trotzdem kommt keine Langeweile auf. Da der Zug eines einzelnen Spielers nie sehr lange dauert, hat man eigentlich immer etwas zu tun. Wie für ein solches Spiel typisch herrscht permanente Ressourcenknappheit. Ohne diese Spannung zwischen den Polen Würfel (die Gold und Kamele bringen) und Sicherung der Ressourcen (Waren) in den Basaren, um Siegpunkte bei einer Wertung zu erhalten, wäre Yspahan schnell ein Langweiler. Der Aufseher bietet hier die Möglichkeit „korrigierend“ einzugreifen, da er entscheidet, welche Waren auf die Rücken der Karawanenkamele geschnürt werden. Nicht zu unterschätzen ist der Zufallsfaktor in Gestalt von maximal 12 Würfeln, die zugleich der Motor des Spieles sind. Freunde von Spielen wie Caylus oder anderen dem Zufall abschwörenden Spielen werden daher vielleicht wenig Gefallen an Yspahan finden. Wie zum Eingang bereits gesagt: Yspahan ist ein schönes und interessantes Spiel – dennoch ein unbestimmtes Gefühl von Unausgewogenheit blieb in unserer Spielrunde zurück. Trotz langer Diskussion und Analyse fanden wir den Quell dieses Gefühles nicht. Es wird wohl noch einige Spiele brauchen bis wir herausfinden, worin dieses Gefühl begründet ist – bis dahin werden wir Yspahan aber mit Begeisterung spielen. Empfehlenswert

 

Folge 259 “ Caylus

von William Attia

Ystari / Huch & Friends

für 2-5 Spieler ab 12 Jahren

Spieldauer ca. 120-180 Minuten

(von Detlef Hanz)

Wir schreiben das Jahr 1289 anno domini. Nun ja, eigentlich schreiben nur wir Mönche in dieser dunklen Zeit, die so dunkel und wüst ist, dass sich manche von uns wünschen wir könnten noch wie einstmals als bewaffnete Diener Gottes… Aber nun, diese Zeit ist vorüber – gelobet sei der Herr. Nun stehen wir im Dienste des Herrn und führen andere Waffen – Waffen die genau so mächtig sein können wie Heere. Ohne uns, den Klerus, könnte König Philipp der Schöne Frankreich wohl kaum verwalten und beherrschen. Wie gesagt, die Zeiten sind düster und die Grenzen in ständiger Gefahr, so dass der Ratschluss unseres Königs lautet die Grenzen mit einer Vielzahl befestigter Schlösser, Burgen und Städte zu schützen. Meine Aufgabe ist es nun den Auftrag zur Errichtung des Wehrschlosses Caylus zu schreiben. Schon bald werden Arbeiter und Baumeister heranströmen in der Hoffnung auf Reichtümer und wer weiß, vielleicht wird daraus sogar eine Stadt.

Das Spiel: Wir Spieler treten als Baumeister auf, welche das Schloss Caylus und die Infrastruktur der zukünftigen Stadt errichten sollen. Prestige und die Gunst des Königs zu gewinnen sind unsere Ziele, dabei dürfen wir nicht alleine auf Konfrontation setzen – im Gegenteil, Zusammenarbeit ist zumindest z.T. angesagt. Mit der Fertigstellung des Schlosses endet das Spiel. Gewonnen hat der Spieler, der das meiste Prestige erringen konnte.

Spielmaterial: Caylus ist ein klassisches Aufbauspiel und so stellt sich auch das Spielmaterial dar. Irgendwie erinnern einen die Häuschen an „Die Siedler von Catan“ und die kleinen Würfel riefen doch starke Assoziationen an Ursuppe hervor. Der Spielplan ist nicht nur schön gestaltet sondern aus robuster dicker wellsicherer Pappe, wie man ihn sich bei vielen anderen Spielen in dieser Qualität wünschen würde. Auch das Spielmaterial also klassisch, ein Spielplan mit Kramerleiste, Holzwürfel in verschiedenen Farben, die die Rohstoffe (Holz, Tuch, Stein, Gold, Nahrung) symbolisieren, Gebäudekarten und Münzchips aus stabiler Pappe.

Spielablauf: Gar nicht so einfach zu beschreiben. Während der erste Eindruck des Spielmaterials auf ein gängiges Spiel a la Siedler hinzudeuten schien, weisen der zweite Eindruck beim Blick auf die Unmengen an Feldern auf dem Plan und nicht zuletzt der dritte Eindruck nach lesen der Regel auf ein sehr komplexes Spiel hin. Im Gegensatz zu den meisten Aufbauspielen wird bei Caylus gemeinsam an der Errichtung von Schloss und Stadt gearbeitet. Zu diesem Zweck werden Arbeiter (bis zu sechs) auf bestehende Gebäude eingesetzt. Diese Arbeiter produzieren dabei Rohstoffe (ja wie bei Siedler und doch ganz anders), bauen neue Gebäude oder bauen mit am Schloss. Der Bau des Schlosses, welches ja eigentlich eher eine Burg ist, erfolgt genauso klassisch in drei Phasen – erst der Bergfried, dann die Mauern und schließlich die Ecktürme. Baumeister, die mittels ihrer Arbeiter an diesen Phasen beteiligt sind, ernten Prestige und die Gunst des Königs. Beides hat dabei nicht nur symbolischen Wert sondern rentiert sich auch in Form besonderer Vergünstigungen während des Spieles. Wer sich dummerweise nicht beteiligte, „erntet“ Prestigeverlust und damit auch den Verlust der genannten Vergünstigungen. Eine weitere Besonderheit und ein Unterschied zu anderen Aufbauspielen ist die, dass alle Gebäude von allen genutzt werden können, wer also z.B Nahrung braucht, schickt seine Arbeiter einfach auf ein entsprechendes „Gebäudefeld“, auch wenn dieses nominal einem Mitspieler gehört, und lässt diese dort malochen. Der Besitzer profitiert in Form von Prestigepunkten, man selber in Form dringend benötigter Nahrung. Eine typische WinWin Situation, die eine sehr intensive „Zusammenarbeit“ der Kontrahenten fördert. Eine Folge ist, dass natürlich jeder Spieler bestrebt ist besonders stark frequentierte Gebäude selber zu errichten, um dann bei jedem „Besuch“ Prestigepunkte zu ernten. Da man nicht einfach bestimmte Gebäude mit eigenen Arbeitern voll stopfen darf, sondern nur maximal einen eigenen Arbeiter in ein Gebäude stellen kann, ist gute Planung bei der Verteilung der Arbeiter das A und O in diesem Spiel. Dieses ist allerdings leichter gesagt als getan, schließlich spielt man nicht alleine und Caylus bietet eine Unmenge an taktischen Möglichkeiten an, so dass man oft an den Zehennägeln knabbernd dasitzt und hofft, dass die eben noch optimal positionierten Arbeiter nicht aufgrund der Aktionen der lieben Mitspieler zu einer bösen Fehlinvestition werden. Klar, dass der klassische Flaschenhals – permanenter Geldmangel – auch bei Caylus eine nicht unwichtige Rolle bei den taktischen und strategischen Ränkezügen spielt. So stellen sich den Spielern in jeder Minute des Spieles unzählige Fragen: Baut man Gebäude? Produziert man lieber Rohstoffe? Hat man genug Reserven um die Arbeiter bezahlen zu können? Ist die Beteiligung am Schlossbau die allein richtige Strategie, um Prestige zu gewinnen oder gibt es andere Wege z.B. als Lieferant von Rohstoffen? Das war nur ein kleiner Auszug aus den vielfältigen taktischen Optionen die man bei Caylus hat. Dies macht das Spiel komplex, ruft den Eindruck einer gewissen Unkalkulierbarkeit hervor und macht Caylus gerade dadurch reizvoll. Ein besonderer Vorteil von Caylus ist, dass es aufgrund seines Spielkonzeptes kein Ärgerspiel an sich ist, obwohl es auch in Caylus Möglichkeiten gibt seine Mitspieler zu ärgern – allerdings kommt kaum jemand in Versuchung bewusst jemandem zu schaden. Das Spiel ist vom Anfang bis zum Ende spannend und offen, jederzeit ist alles möglich. Der Spannungsbogen wird durch den Spielmechanismus des Vogts, der durch die Gassen Caylus läuft und über die Freigabe von Gebäuden das Ende der Bauphasen herbeiführt, konsequent aufrechterhalten. Man kann diesen Vogt nicht aufhalten, nur bremsen. Die Folge – das Spielende rückt unaufhaltsam näher und man möchte doch so gerne noch …

Bewertung: Caylus ist genial, aber Caylus ist auch komplex, nicht einfach und vor allem kein kurzes Spiel. Somit ist Caylus auf gar keinen Fall ein Spiel für Familien oder Gelegenheitsspieler, sondern ein Spiel für (wie die beste Ehefrau von allen es formulierte) Hardcorespieler, die kein Problem damit haben permanent und stundenlang unter Spannung zu stehen, bis zum Ende nicht zu wissen, wer es nun schaffen wird und mit Genuss die Hirnzellen rauchen lassen.

Unbedingt empfehlenswert!

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